Liebe Redaktion, Ich war zutiefst überrascht über Ihren Artikel vom 30. Juni getitelt „Jalta: Das beliebteste Urlaubsziel wohlhabender Russen“.
Es ist eine schöne Beschreibung der touristischen Attraktivität der besetzten Krim, in der es allerdings nicht erwähnt wird, dass dort ein düsterer Polizeistaat erbaut wird, dass dort die Krimtataren täglich verhaftet werden, dass dort ein Filmregisseur und Dissident Oleg Sentsov zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde und dass die Annexion der Krim de-facto einen blutigen Krieg im Osten Europas auslöste.
Dieser Artikel liest sich wie ein Brief aus der parallelen Welt. Ja, wir freuen uns über die "wohlhabenden Russen". Ja, das Meer ist warm. Ja, die Zypressen und Akazien sind schön. Ja die Pelmeni (so schreibt man dieses Wort richtig) sind köstlich. Ja, die Krim ist ein wirklich schöner Ort, in jeder anderen Zeit eine Reise wert, nur nicht in dieser. Korrekter Inhalt, falsche Botschaft. Im Erinnerungsjahr an die Hitler-Annexion von Österreich – auch politisch falsch. Im zweiten Monat des Hungerstreiks von Oleg Sentsov im kältesten Gefängnis Russlands hinter dem Polarkreis – auch menschlich falsch.
Und natürlich, über die Krim derart einladend zu schreiben, ohne zu erwähnen, dass eine Einreise auf die Krim über Russland ein kriminelles Verfahren und einen Einreiseverbot in die Ukraine mit sich zieht ist nicht nur irreführend, sondern auch unverantwortlich. Speziell für „Die Presse“, ein solides respektvolles Medium, das für seine gründliche und ausbalancierte Berichterstattung zur Ukraine bekannt ist - sehr überraschend.
Dr. Olexander Scherba
Botschafter der Ukraiine
Wien