ОПОВІДАННЯ ОЛЕГА СЕНЦОВА "ЗАПОВІТ" НІМЕЦЬКОЮ МОВОЮ
Опубліковано 14 серпня 2018 року о 18:43

Представляємо новий німецький переклад оповідання «Заповіт» Олега Сенцова. Переклад підготовлено Save Oleg Sentsov. Несправедливо ув’язнений український режисер та письменник тримає голодування в російській колонії за Полярним колом.

OLEG SENZOW: TESTAMENT

Wir werden alle sterben. Und ich bin da unglücklicherweise keine Ausnahme. Wir würden uns alle wünschen, noch ein kleines bisschen länger zu leben. Und da bin ich, glücklicherweise, auch keine Ausnahme.

Nein, ich will nicht an meinem Leben kleben, um über hundert zu werden, und dafür das letzte Viertel meines Lebens als körperliches Wrack vor mich hin vegetieren, dank diverser Maschinen und Medikamente.

Ich möchte mein junges, volles Leben ein wenig länger leben, um Freude durch das Leben zu erfahren und Freude an andere weiterzugeben, zu gehen, oder besser: zu rennen, nachts zu schlafen oder nicht zu schlafen, und ich möchte darüber selbst verfügen können, und nicht mein Organismus oder die Ärzte.

Auf diese Weise würde ich gerne etwas länger leben. Aber das ist nicht möglich.

Wir werden alle sterben. Nach dem Tod werden wir alle zu Klumpen verrottenden Fleischs, ein paar Meter unter der Erdoberfläche begraben. Die Würmer werden uns fressen, und unsere pflichtbewussten Verwandten werden unsere Gräber besuchen, werden eine Trauermiene aufsetzen, werden vor dem Kreuz oder Grabstein stehen, werden unser Portrait betrachten und dabei ganz vergessen, dass die Kreuze am Fußende des Verstorbenen aufgerichtet sind, so wird die ganze Trauergemeinde auf seinem Kopf stehen und zärtlich auf das in Granit eingravierte Portrait starren.

Dann werden sich alle an die Vorräte machen und austrinken, dabei darauf achten, dass jedermann ein Gläschen abbekommt, der Verstorbene inbegriffen, für den am Ende nicht mehr allzu viel übrigbleibt, und die Blumen werden ringsum leuchten. Pathos und Aberglaube, zwecklose heidnisch- religiöse Rituale und Scholastik.

Ich möchte nicht, dass auf meinem Kopf rumgetrampelt wird, auch nicht nach meinem Tod, und ich möchte nicht, dass meine Kinder und Enkelkinder sich an mich erinnern als ein Portrait auf einer Granitsteinplatte. Ich möchte keine Totenwache. Ich möchte ganz allgemein nicht zu sehr auf mich die Aufmerksamkeit ziehen, jetzt nicht und ganz sicher nicht, nachdem ich gestorben bin. Ich möchte kein Grab.

Als ich ein Kind war, gerade mal vier Jahre alt, bin ich zur Beerdigung meines Großvaters mitgegangen.

Normalerweise können sich Menschen nicht an dieses Alter erinnern und nur sehr selten erinnern sie sich an denkwürdige Ereignisse aus der Zeit. Aber ich erinnere mich an das Begräbnis. Ich erinnere mich nicht an viel, aber ich erinnere mich an die Hauptsache: wie ich am Rande des Grabes auf einem Erdhügel inmitten meiner Verwandten stehe. Und dann, nach dem Begräbnis, war ich sprachlos, dass sie Großvater nicht wieder ausbuddelten, dass er gestorben war, und das war’s – für immer.

Meine ganze Kindheit hindurch hatte ich einen wiederkehrenden Alptraum: Am Abend oder in der Nacht sehe ich ein schwarzes Grab, und wie eine Leiche, in ein weißes Totentuch gehüllt, hineingesenkt wird. Es war Großvaters Leiche, aber ich stellte mir vor, dass ich das sei, und ich wusste, dass ich es auch früher oder später sein würde.

Nehmt ein Kind nie mit zu einer Beerdigung.

Als Kind hatte ich Angst davor zu sterben. Jetzt habe ich keine Angst – ich weiß, dass ich sterben werde. Als Kind hatte ich Angst vor dem schwarzen Grab, jetzt will ich nur einfach nicht darin liegen.

Wir werden alle sterben. Jeder auf seine Weise. Einige sanft, so wie man die Schlafzimmertür leise zuzieht, wenn ein Kind eingeschlummert ist. Andere werden mit Schreien und Schmerzen sterben, so wie während eines Geburtsvorgangs. Ich weiß nicht, wie ich sterben werde, aber gewiss nicht als bettlägeriger alter Mann, umgeben von seufzenden Familienangehörigen.

Es gab mal jemanden, der antwortete auf die Frage, wie er sterben wolle: Mit einem Hurra- Ruf auf den Lippen, einem Gewehr um die Schulter geschwungen und einem Mund voll Blut. Ich würde das auch gern, es ist schön, männlich. Aber so funktioniert das nicht. Helden sterben nur in Filmen und Büchern schön. Im wirklichen Leben machen sie sich blutig in die Hose, schreien vor Schmerzen und sehnen sich nach ihrer Mama.

Ich möchte nicht begraben werden. Ich möchte verbrannt werden. Nein, nicht auf dem Scheiterhaufen einer Inquisition, einfach in einem Krematorium. Verbrannt, und die Asche auf dem Meer verstreut.

Wenn möglich, auf dem Schwarzen Meer, und im Sommer, wenn die Sonne scheint und ein frischer Wind weht. Aber auch im Herbst, wenn es regnet, wäre es nicht schlecht. Ich möchte nicht, dass ihr bis zum Sommer wartet, wenn ich im November abtrete. Andernfalls würdet ihr in einer Runde von Gästen gefragt werden: „Was habt ihr dort in der Vase?“ „Das ist unser Großvater, der auf den Sommer wartet.“

Die Vase kann übrigens gleich mit ins Meer, man sollte dem nicht zu viel Bedeutung beimessen. Andernfalls würden im selben Raum, ein Jahr später, andere Gäste fragen: „Was ist das für eine Vase dort?“ „Da war Großvater drin“, werden die Angehörigen feierlich und im Stehen antworten. Na, dann hängt doch noch gleich meine Socken und Unterhosen im Haus auf - diejenigen, die ich am liebsten mochte, und diejenigen, die ich zum letzten Male trug.

Ich möchte, dass sie mich verbrennen. Zu Asche. Und die Asche verstreuen. Über dem Meer. Am besten im Sommer - natürlich nur, wenn ich im Sommer sterbe.

Aber zerstreut sie bitte von der Leeseite, damit die Asche auch ins Meer getragen wird, und sich nicht auf dem Deck verteilt - und irgendein scharfzüngiger und frecher Enkel das Verwehen der Reste seines Großvaters mit dem Satz kommentiert: "Mit diesem Alten hatten wir immer schon viel Ärger!"

Und der Wind soll wehen und den Staub ins Meer tragen.

Aber wenn es regnet, ist das auch nur halb so schlimm - alle werden sagen: "Seht her, es regnet - das heißt, wir begraben einen guten Mann."

Nein, wir begraben nicht - wir zerstreuen, wir verwehen, Genossen!

Und wenn es regnen wird, und die Asche ein bisschen an der Urne klebt - dann ist auch das nicht so schlimm. Gut, der gleiche unverschämte Enkel wird in die Urne blicken, dort ein wenig angeklebten Staub sehen - und sagen: "Ja, Opa klammert sich immer noch an den Rand des Lebens fest!"

Aber auch das ist nicht so schlimm - streut auch den Rest noch ins Meer. Damit nichts zurückbleibt. Überhaupt nichts zurückbleibt. Nur die Erinnerung. Und die Angelegenheiten. Und die Freunde. Und Ihr. Und dann werde ich immer bei euch sein."

Посилання на оригінал: https://www.youtube.com/watch?v=I1MNYKuTrI8 

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