Die Ukraine als moralisches Dilemma Europas. S.E. Dr. Olexander Scherba, Botschafter der Ukraine in Österreich
Seine Exzellenz Botschafter Olexander Scherba erläuterte im Rahmen der Vortragsreihe von MCI Alumni & Friends seine Sichtweise des schwierigen Verhältnisses der Ukraine zwischen Russland und Europa.
Das Streben nach Frieden, Wohlstand und Gerechtigkeit sollte das oberste Gebot jeder Regierung sein. Daran habe sich die vergangene ukrainische Regierung nicht gehalten, weshalb es zur Revolution und letztendlich zum Sturz der Regierung kam. Die Bevölkerung hatte einen Wunsch nach Freiheit und Demokratie. Europa habe ein falsches Bild, wenn die USA als Verursacher der Revolution vermutet werde.
Europa spreche immer von einer Krise oder von Spannungen in der Ukraine. Da mehr als 6.000 Ukrainer/-innen ums Leben kamen und über zwei Millionen Menschen auf der Flucht sind, handle es sich nach Ansicht von S.E. Olexander Scherba aber vielmehr um einen Krieg. Die Revolution sei ein Schritt in Richtung der Erweiterung des Raums von Demokratie und Freiheit gewesen, was eine Bedrohung für Russland darstellte. Der ukrainische Botschafter erläutert, dass die Revolution friedlich war und ohne Grund auf brutalste Weise zerschlagen wurde. Bis heute ist nicht bekannt, wer den Befehl dazu gab.
Weiteres erklärt der ukrainische Botschafter, die Ukraine sei teilweise wie gelähmt gewesen. Der Anschluss der Krim an Russland sei keinesfalls blutlos und freiwillig geschehen. Es scheine, dass in allen Schlüsselpositionen bei der Krimübernahme Männer mit russischer Staatsbürgerschaft standen, die kurz vorher den Dienst bei der russischen Geheimpolizei quittiert hatten. Der Botschafter beschreibt dies als „covert operation“, da eine Verbindung so vertuscht werden sollte. Die Presse berichte immer wieder über Lügen, weshalb die Russen ein falsches Bild der Ukrainer/-innen bekommen haben.
Die große Frage sei nun, wie man das Schießen stoppen könnte. Die Antwort darauf sei einfach und schwierig zugleich: Der Krieg habe durch Lügen begonnen, durch welche Hass entstanden sei. Daraus folgte der Tod, der zu mehr Lügen und Hass führte. Die Lügen wiederum kämen von russischen Fernsehkanälen, die unter der Kontrolle des Kremls stehen. Um den Konflikt in der Ukraine zu beenden, müssen die Lügen der russischen Medien aufhören.
Seine Exzellenz Botschafter Olexander Scherba betonte noch einmal, dass Krieg zwischen Russland und Ukraine herrsche. Dieser könne ein neues Kapitel in der europäischen Geschichte aufschlagen, das weniger glücklich und friedlich sei als die vergangenen zwanzig Jahre. Die russische Regierung habe diesen Krieg schon jahrelang im Kopf gehabt.
Der Westen habe vor Russland noch zu viel Angst, was verständlich sei. Natürlich sei Russland als Partner wichtig, jedoch sehe Russland die Werte Europas als lächerlich an. In Russland werden falsche Informationen über Europa verbreitet, die von den Menschen geglaubt werden. Deshalb wolle Russland nicht zu Europa gehören. In der Ukraine handle es sich daher um einen Krieg der Werte. Russland wolle ein alternatives Europa mit anderen Idealen. Es gäbe kein Zurück zum bisherigen Europa. Stattdessen stehen politische, wirtschaftliche und moralische Entscheidungen an, wie Europa mit der Ukraine umgehen sollte. Diese moralische Entscheidung wird länger andauern.
Abschließend regt der ukrainische Botschafter an, eine Entscheidung über die Zukunft der Ukraine durch die europäischen Präsidenten gut zu überlegen.
Die interessante Diskussion im Anschluss, die FH-Prof. Dr. Siegfried Walch moderierte, sorgte für einen gelungenen Abschluss der Veranstaltung.
MCI,